Agil, New Work, Selbstorganisation oder Teal?
Diese Begriffe werden oft herumgeworfen, obwohl sie nicht immer klar definiert oder sogar konsistent genutzt werden. Oft als Werbung, Employer Branding oder einfach "Buzzword-Bingo", um neu oder progressiv zu erscheinen.
Wer aber für Tagesgeschäft und viele Mitarbeiter verantwortlich ist, hat eine einfache Frage: wofür ist es gut?
Schaffen wir also Klarheit, wo diese Begriffe herkommen, was sie erreichen wollen und auf welche Ebene sie greifen.
“Agil” od. “Agile”
Der Begriff kommt von der agilen Software- oder Produktentwicklung und wird heute als Nomen verwendet, um eine Gruppe von Praktiken und Methoden zu referenzieren. Die zwei meist verbreitete Methoden sind Scrum und Kanban.
Scrum
Scrum kommt ursprünglich aus der Softwareentwicklung und war in den 90-er Jahren die Antwort auf die niedrige Erfolgsrate der Softwareprojekte - über Budget, schlechte Qualität, oder ein Resultat, das der Kunde vor 2 Jahren gebraucht hätte.
Scrum ist eine Methode für Teams mit klar definierter Meetingstruktur, Kommunikationsschnittstellen, Rollen und Artefakte. Sie fokussiert auf kleine autonome Teams, die in fixen Iterationen (1-4 Wochen) verwendbare Resultate produzieren und ihre Prozesse iterativ verbessern können.
Scrum ist sehr gut geeignet für Innovation, wo Experimentierung und regelmäßiges Markt- oder Kundenfeedback schneller, günstiger und mit weniger Risiko zum positiven Ergebnis führen. Da das Scrum Team am Ende jeder Iteration ein potenziell Lieferbares Inkrement liefert, ist Scrum dort von Vorteil, wo das Endresultat des Teams in eine laufende Prozess (z.B. Tagesgeschäft) verwendet wird, wo Unterbrechungen teuer oder riskant sind.
Seit dem Ursprung, hat sich Scrum auf viele Teams ausgebreitet und wird von HR bis Marketing und Management Teams genutzt, um ihre Themen fokussiert abzuwickeln.
Kanban
Kanban kommt aus dem Lean Management, welches durch die Erfolge der Toyota Production Systems bekannt gemacht wurde. Ziel ist die Sicherstellung der kontinuierlichen und effizienten Lieferung der Artikel bzw. Produkte.
Kanban ist eine Methode, welche auf schon existierende Prozesse angewendet werden kann, um Engpässe und andere Probleme zu visualisieren und zu lösen. Es kann von einfachen Visualisierungs-Tool bis zu ganzen Wertschöpfungsketten übergreifende Management-Methode verwendet werden. Zentral bei Kanban ist die Visualisierung, der kontinuierliche Fluss der Liefer-Elemente und die Limitierung von Parallelarbeit.
Somit ist Kanban sehr gut geeignet für Teams und Prozesse, mit ständigen unplanbaren Einflüssen, reaktiv arbeiten (wie bei einem IT-Support Team) und/oder kontinuierliche Lieferung von ähnlichen Liefer-Elemente sicherstellen und optimieren wollen.
Obwohl Kanban seine Wurzeln im industriellen Produktion hat, heute wird es in allen Bereichen und Branchen verwendet von Sales und Support bis zu Risk-analyse Teams.
Skalierte Agile Frameworks
Die Effizienz, die z.B. Scrum auf Team-Ebene bringt, hat vielen Firmen geholfen und somit ist natürlich der Bedarf entstanden, diese Methode für mehrere Teams, große Projekte oder sogar ganze Organisationen einzusetzen. Die Frameworks bestehen aus ihrer eigenen Meetingstruktur, Kommunikationsschnittstellen, Rollen und Artefakte. Manche davon sind positioniert als “parallele operationssystem” für die Organisation, während andere viele existierende Strukturen vollständig ablösen.
Oft werden diese skalierte Frameworks für die Produktentwicklung oder Geschäftsbetrieb in der Organisation angewendet oder spezifisch für ein (Groß-)Projekt. Obwohl eine solche Anwendung Vorteile bringt, kann es nach hinten losgehen, wenn die unterstützende Prozesse nicht angepasst werden. Zum Beispiel will die Projektorganisation ein Paar Wochen auf Basis der Feedback und Erkenntnisse die Projektziele oder Meilensteine anpassen, aber sie müssen in einem Budgetprozess leben, wo der Rhythmus der Anpassung nur jährlich ist. So zahlt man leicht 80% der Investition Framework für nur 20% der Benefit.
Skalierte Agile Frameworks sind sehr gut für gut isolierte Projekte oder Organisationseinheiten geeignet, wo die Autonomie gegeben ist, die schnelle Anpassungsfähigkeit auszunutzen.
New Work
New Work ist entstanden als Antwort auf die Spannung zwischen "klassischen" Managementmethoden und "modernen" Arbeitskräften. New Work ist ein Sammelbegriff für Methoden, welche progressive Organisationen nutzen, die sich fundamental anders aufgestellt haben.
Viele Management Methoden bauen auf “Theorie X” auf, also dass Menschen ständig überwacht und kontrolliert werden müssen, sonst arbeiten sie nicht. Und obwohl die meisten der heutigen Führungskräfte das nicht so sehen, sind trotzdem viele Methoden in unseren Organisationen auf Basis dieser Einstellung etabliert. Kontrollierte Arbeitszeiten, formale Genehmigungsprozesse für kleine Entscheidungen, Eskalation von Problemen statt direkte Konfliktlösung - all diese sind gang und gäbe und stehen im starken Kontrast mit den ausgebildeten Arbeitskräften von heute und das Konzept dass menschen von Natur aus motiviert, verantwortungsvoll und fähig sind.
Organisationen, die New Work leben, stellen ihre Werte, Prozesse und Struktur um, um Erwachsene als Erwachsene zu behandeln: mit Vertrauen, Autonomie und Verantwortlichkeit. Dies ermöglicht eine effizientere Zusammenarbeit (die “Speed of Trust”), Resilienz der Organisation und schnellere Innovation.
Obwohl skalierte Agile Frameworks auch Effizienz und Innovation anvisieren, stoßen sie an ihre Grenzen, weil sie die fundamentale Einstellung und die dadurch entstandenen Prozesse nicht adressieren. Als würden wir in einem Auto das Triebwerk von Benziner auf elektrisch umstellen, während wir immer noch eine Benzintank und Ölstandmesser haben.
Die meisten Organisationen, die New Work leben, haben sich umgestellt, weil ihre Geschäftsführer ein starkes Wertesystem haben die es einbringt, weil sie eine Krise mit klassische Methoden nicht mehr überstehen könnten, oder sie den mehrwert erkannt haben und Belegschaft und Management gemeinsam die Reise betreten hat. Diese Organisationen profitieren von hoher Mitarbeitermotivation und -treue, stark reduzierter Bürokratie und Büropolitik, Innovationsinitiative und unternehmerischem Denken von vielen Mitarbeitern und reduzierten Stress auf alle Ebenen.
Selbstorganisation, Selbstmanagement
Diese Wörter werden oft mit unterschiedlichen Bedeutungen und auch als Synonyme verwendet. Auf eine Person bezogen bedeuten sie die Fähigkeit, Aufgaben und Termine effizient zu priorisieren und zu koordinieren.
Auf Teams bezogen verwendet, beschreiben sie die Fähigkeit des Teams, die Aufgaben intern koordinieren zu können und sich gegenseitig verantwortlich zu halten - also Managementaufgaben sind im Team verteilt. In solchen Teams tragen manche Mitglieder Rollen mit Entscheidungsmacht und Verantwortlichkeiten, so ist die Entscheidungsmacht verteilt und nicht in einem Team Lead oder Manager Rolle zentralisiert. Vorbedingung für eine solche Art von Zusammenarbeit ist Transparenz der Informationen, welche konsistent mit dem Autonomie-Mandat des Teams sein muss. Zum Beispiel, wenn das Team der Mandat hat, die Aufgaben aufzuteilen, braucht es Transparenz über die Aufgaben, deren Verteilung und der Fortschritt.
Wird Selbstorganisation bzw. Selbstmanagement auf eine Organisation bezogen, heißt dass, das Eigentümer und Geschäftsführung der Belegschaft eine Mandat gegeben haben einige oder alle der folgenden unter sich zu entscheiden: Organisationsstruktur, Geschäftsstrategie, Prozesse, Investitionen und Innovation, Recruiting, Verträge mit Lieferanten und Partner. Das heißt nicht laissez-faire, es gibt weiterhin Prozesse und Entscheidungsträger, aber diese werden nominiert. So eine Struktur muss stark auf Transparenz, Vertrauen und gegenseitige Rechenschaftspflicht aufbauen. Dadurch kann Bürokratie abgebaut werden, schnelles Produkt und Prozessinnovation erreicht werden und es bringt mit sich hohe Mitarbeitermotivation und Loyalität.
Somit sind Selbstorganisation und Selbstmanagement ein Werkzeug in der Kiste von Teal Organisationen und New Work, die aber nicht pflichtend eingesetzt werden müssen.
Teal
Der Ausdruck Teal stammt aus dem Buch Reinventing Organisations von Frederic Laloux. In diesem Buch beschreibt er progressive Organisationen, die er besucht hat. Laloux bringt viele Beispiele von Methoden und Prozesse, die in diesen Organisationen eingesetzt werden, die sich oft radikal von klassischen Methoden unterscheiden. Auf Basis der Methoden, Werte und Weltbilder definiert Laloux 5 Paradigmen, welche er mit einer Farbkodierung versieht: Rot, Bernstein, Orange, Grün und Teal. Jedes Paradigma bringt seine eigenen Durchbrüche und dadurch Vorteile und jede inkludiert die Durchbrüche der vorherigen. Die Teal Paradigma ist somit die höchste von Laloux beschriebene Paradigmen, welche die Organisation als lebendiges, sich veränderndes Organismus ansieht (gegenüber z.B. den Orange Paradigma die es als Maschine wahrnimmt), und die Durchbrüche von Selbstmanagement, Ganzheit und evolutionäre Zweck mit sich bringt.
Somit ist Teal im ursprungsform keine Methode oder Methodensammlung, es ist eine Weltbild, eine Paradigma. Das Wort Teal wird aber neulich verwendet, um Methoden von progressive Organisationen zu beschreiben und somit als Synonym für New Work verwendet.
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