Vom Positionsdenken zu Rollenverständnis
Führung neu gedacht
In vielen Organisationen wird Führung traditionell als eine Position verstanden, die mit umfassenden Verantwortlichkeiten verbunden ist. Führungskräfte sollen strategisch denken, Aufgaben koordinieren, Mitarbeitende fördern und Konflikte lösen – und das alles in einer Rolle. Doch diese Erwartungen führen häufig zu Überforderung, Frustration und in vielen Fällen zu mittelmäßigen Ergebnissen in einen oder mehreren Bereichen. Warum ist das so
Die Herausforderungen des klassischen Führungsmodells
Nicht jede Person ist gleichermaßen talentiert, geschweige denn interessiert oder erfahren, in den drei Hauptverantwortungen einer Führungskraft:
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Strategisches Denken, das Weitblick und langfristige Planung erfordert.
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Aufgabenkoordination, die operative Exzellenz und Organisationstalent verlangt.
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Mitarbeiterförderung und Konfliktlösung, die Empathie, soziale Kompetenz und oft auch psychologisches Feingefühl voraussetzt.
Selbst die talentiertesten Führungskräfte stoßen hier oft an ihre Grenzen. Der Grund dafür liegt im Wesentlichen in der Struktur vieler Organisationen. Das hierarchische Modell, das wir seit Jahrzehnten kennen, bündelt diese sehr unterschiedlichen Verantwortlichkeiten in einer einzigen Position. Die Annahme ist, dass eine Person alle drei Bereiche beherrschen kann und sollte. Doch dies ist eine unrealistische Erwartung, die den individuellen Stärken von Mitarbeitenden nicht gerecht wird.
Der Wandel: Von der Position zur Rolle
Ein alternativer Ansatz, der sich in der modernen Organisationsentwicklung immer mehr durchsetzt, ist die Trennung dieser Verantwortlichkeiten in unterschiedliche Rollen. Hier geht es nicht mehr darum, eine Führungsposition als allumfassende Machtposition zu betrachten, sondern die Verantwortungen nach Talenten und Interessen aufzuteilen. Stell dir eine Organisation vor, in der Mitarbeitende selbst wählen können, ob sie sich eher auf strategische Überlegungen, operative Aufgaben oder die Förderung von Mitarbeitenden fokussieren möchten – und das auf höchstem Niveau.
Dieser Wechsel von Positionen zu spezifischen Rollen ermöglicht es, dass die richtigen Menschen mit den richtigen Stärken die passenden Aufgaben übernehmen. Dies führt zu:
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Höherer Qualität in jedem Bereich, da sich Fachleute auf das konzentrieren, was sie am besten können.
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Mehr Engagement, weil Mitarbeitende ihre Rolle mit Leidenschaft ausfüllen können, anstatt sich in Bereichen abzumühen, die ihnen nicht liegen.
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Kreativere Lösungsansätze, da unterschiedliche Perspektiven in den Entscheidungsprozess einfließen.
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Bessere Mitarbeitermoral, da Kollegen bessere Unterstützung von diese Rollen bekommen
Neue Karrierewege, alternative Anerkennungsmethoden
Der Übergang von Positionen zu Rollen eröffnet auch neue wege der Anerkennung, im gegensatz zu den klassischen Karrierepfade. Anstatt eine starre Aufstiegsleiter in der Hierarchie vor sich zu haben, können Mitarbeitende ihre Karriere auf unterschiedliche Weise gestalten, indem sie sich auf ihre Stärken konzentrieren und in diesen weiterentwickeln. Eine Person, die sich beispielsweise auf die Entwicklung von strategischen Visionen spezialisiert, kann sich auf dieser Ebene weiterentwickeln, ohne dass sie gezwungen ist, operative koordinative Aufgaben anzunehmen oder für Konflikte eine Anlaufstelle zu sein. Diese Neuverteilung der Verantwortlichkeiten auf Rollen können als Erweiterung der aktuelle Verantwortungsbereich implementiert werden, womit etablierte Prozesse und gut funktionierende Beziehungen nicht unterbrochen werden.
Das hat nicht nur den Vorteil, dass Mitarbeitende sich mehr mit ihren Aufgaben identifizieren und ihre Karriere gezielt steuern können. Es wirkt auch einem immer größer werdenden Problem in Unternehmen entgegen: dem Quiet Quitting. Mitarbeitende, die sich in ihrer Rolle geschätzt fühlen, die ihre Stärken entfalten und sichtbare Erfolge erzielen, werden sich seltener innerlich vom Unternehmen distanzieren.
Zeit für einen Rollenwechsel?
Wenn wir uns von der traditionellen Vorstellung lösen, dass Führungskräfte „alles können müssen“, eröffnen sich neue Möglichkeiten der Organisationsgestaltung. Welche Stärken und Interessen haben eure Mitarbeitenden wirklich? Wie kannst du eure Struktur verändern, um Talente optimal zu nutzen?
Vielleicht ist es an der Zeit, nicht mehr in Positionen zu denken, sondern in Rollen – und so eine Organisation zu schaffen, die nicht nur effizienter arbeitet, sondern auch menschlicher und flexibler ist.